Das koreanische Kino hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht und eine Vielzahl von einflussreichen Filmen hervorgebracht, die das Publikum weltweit fasziniert haben. Von fesselnden Thrillern bis hin zu herzerwärmenden Romanzen hat „Hallyuwood“ eine vielfältige Palette von Filmen hervorgebracht, die auf der ganzen Welt geschätzt und bewundert werden.
Das Jahr 2003 war in diesem Zusammenhang eines der bedeutendsten Jahre in der Geschichte des zeitgenössischen koreanischen Kinos. Es bildet quasi den Auftakt zu einer neuen Film-Epoche, nicht zuletzt wegen der Veröffentlichung eines Trios bedeutender Projekte von drei Filmemachern, die im Zentrum der Hallyu-Welle standen.
Bong Joon-ho veröffentlichte im Mai 2003 sein erstes Meisterwerk, das düstere True-Crime-Mysterium „Memories of Murder“. Es war der zweitmeistgesehene Film in Korea in jenem Jahr und gewann den Preis für den besten Film, den besten Regisseur und den besten Schauspieler bei den Grand Bell Awards (Koreas Äquivalent der Academy Awards) – was den Regisseur auf eine Laufbahn brachte, die ihn 16 Jahre später vier Oscars für „Parasite“ gewinnen lassen würde.
Sechs Monate später wurde der Rache-Thriller „Oldboy“ von Park Chan-wook veröffentlicht – ein Film, der so explosiv erfolgreich war, dass er das koreanische Kino fast im Alleingang für internationale Filmfans bekannt machte. Er gewann den Grand Prix in Cannes (und konkurrierte um die Goldene Palme) – und bleibt eine der renommiertesten und einflussreichsten koreanischen Filmproduktionen aller Zeiten.
Kim Jee-woons „A tale of two sisters“, wurde zwischen den oben genannten Erfolgen veröffentlicht, und war jahrelang der erfolgreichste südkoreanische Horrorfilm. Er schloss das Jahr nur etwa 150.000 Kino-Besuchen unter dem Spitzenreiter „Oldboy“ mit 3.260.000 verkauften Tickets ab.
Doch was ist es genau, das diese drei koreanischen Filme so einzigartig und stilprägend für eine ganz Epoche macht? Mit dieser kleinen Hommage richten wir die Scheinwerfer 20 Jahre in die Vergangenheit auf filmische Meilensteine des koreanischen Kinos. Vielleicht wird der eine oder die andere ja (nochmal) inspiriert sein all-time-favorite Ranking zu überdenken.
Südkorea, Ende der 1980er Jahre. Eine Serie von Strangulierungen in einer Provinzstadt lässt die schlecht ausgestatteten Polizeiermittlungen, angeführt vom selbstbewussten Detective Park Doo-man (Song Kang-ho), ratlos zurück, als der schlaue, in Seoul ansässige Detective Seo Tae-yoon (Kim Sang-kyung) sich dem Kampf anschließt – doch der Mörder bleibt unauffindbar.
Der Aufstieg eines Filmemacher-Genies: Bong Joon Ho’s Weg zum Ruhm
Vor zwei Jahrzehnten, bevor Bong Joon Ho zu einem internationalen Regie-Superstar wurde, der von Publikum, Internet-Meme-Erstellern und Oscar-Wählern gleichermaßen geliebt wird, war er nur ein weiterer aufstrebender, hungriger Filmemacher der koreanischen Neuen Welle. Die Zeit ist reif, um dem True-Crime-Meilenstein „Memories of Murder“ Tribut zu zollen, und das nicht nur wegen Bongs historischem Erfolg mit „Parasite“. Im Vergleich zu dem groben und ungeschliffenen Experiment von „Barking Dogs Never Bite“, seinem Debüt drei Jahre zuvor, offenbart dieser Film bereits die Klasse und den einzigarten Stil, der im Rückblick wie ein Appetizer auf die nachfolgenden Arbeiten Bong Joon-hos wirkt.
Groteske Inkompetenz: Die koreanische Polizeiarbeit der 80er im Rampenlicht
Mehr eine düstere Krimi-Geschichte als die genreverbiegende Bravados seiner späteren Karriere, ist „Memories of Murder“ in erzählerischer Hinsicht recht geradlinig: Ein Serienmörder ist auf freiem Fuß, und es liegt an drei Detektiven, ihn zu finden. Die Klischees sind in einem Genre wie diesem schwer zu vermeiden, aber Bong hat Spaß daran, altbekannte Muster zu verdrehen.
Die Polizisten sind zum Beispiel keine unermüdlichen Experten ihres Fachs, sondern fast grotesk ungeschickt. Der leitende Ermittler Park Doo-man (gespielt von Bongs Stammbesetzung Song Kang-ho) behauptet, ein Auge für Kriminelle zu haben, und sucht zu einem Zeitpunkt einen Schamanen um Rat auf; sein Partner (gespielt von Kim Roi-ha) tritt gerne wütend nach Verdächtigen. Ein neuer Rekrut aus der Großstadt, Seo Tae-yoon (Kim Sang-kyung), wird hinzugezogen, um der Ermittlung mehr Professionalität zu verleihen, und damit auch der zunächst zögerlichen Dynamik zwischen den beiden Kumpel-Polizisten. Aber sie sind alle hoffnungslos überfordert.
Selbst als Beweise und Zeugen langsam auftauchen, ist die polizeiliche Reaktion auf den Mörder chaotisch; es gibt keine Ressourcen, um mit einem Serienmörder in einem Land umzugehen, das noch nie einen solchen erlebt hat. Die Nerven liegen ständig blank, und viele Szenen enden in Farce-Schlägereien zwischen Polizisten, Verdächtigen, quasi jedem in der Nähe. Bongs schwarzer Sinn für Humor ist hier gut geschärft; zu einem Zeitpunkt verfolgt Park gar eine abwegige Theorie, dass der Mörder unbehaart sei, da keine Haare von ihm Tatort entdeckt wurden, und beobachtet daraufhin die Genitalien von Männern in einem Badehaus – auf der Suche nach rasierten Schamhaaren und damit potenziellen Verdächtigen.
Im Vergleich dazu wird der Mörder als „professionell und gründlich“ beschrieben, und Bong – der die fiktive Geschichte auf den realen Hwaseong-Morden basierte, die erst kürzlich gelöst wurden – zeigt klare Sorgfalt und Aufmerksamkeit, indem er jedem Fall die Schockwirkung verleiht, die er verdient. So chaotisch die Polizisten auch sein mögen, es liegt eine Schwere in jedem Mordfall.
Die Faszination des True Crime: Bong Joon Ho’s Meisterwerk unter der Lupe
Es gibt sicherlich Spuren von David Fincher in Bongs gedämpfter Palette und stilisierter Gewalt. Aber es fühlt sich auch merkwürdig Spielbergianisch an: Wie bei „Jaws“ („Der weiße Hai“) gibt es eine tödliche, unsichtbare Bedrohung und eine chaotische Kleinstadtgemeinschaft, die nicht darauf vorbereitet ist, damit umzugehen – stattdessen aber gezwungen mit dem Verlust ihrer Unschuld umzugehen.
Packende Spannung, visuelle Fähigkeiten, dunkle Komödie – das alles ist typisch Bong und das erste wirkliche Zeichen eines Meisters, der sein Handwerk vollständig beherrscht.
„Memories of Murder“ ist ein herausragender Thriller mit einem starken Drehbuch, das von Bong Joon-ho und Shim Sung-bo mitadaptiert wurde und auf dem Bühnenstück von Kim Kwang-rim über die Morde basiert. Der Film hebt auch Bong Joon-hos Exzellenz als Regisseur hervor, indem er eine Reihe von Elementen nutzt, die sich durch seine späteren Werke ziehen. Wir sehen die komische Inkompetenz der Behörden, konfrontiert mit schockierend gewalttätigen Situationen (ein Hauptelement von „The Host“); mühelose tonale Verschiebungen und Momente plötzlicher Leichtigkeit, die die Spannung brechen, bevor sie sich erneut erhöht (zu finden in all seinen Filmen von „The Host“ und „Mother“ bis hin zu „Parasite“); und eine vertiefte, mehrschichtige Erzählung, die plötzliche Wendungen nimmt und dem Publikum kontinuierlich einen Schritt voraus bleibt.